Informationen über die Sichelzellkrankheit
Bei der Sichelzellkrankheit handelt es sich um eine Erkrankung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Auf Grund einer Veränderung im Erbgut der Betroffenen verlieren die Erythrozyten ihre runde und geschmeidige Form und werden zu harten und unbeweglichen Zellen, die Sichelzellen genannt werden.
Die Rolle der roten Blutkörperchen
Die Hauptfunktion der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) ist der Transport und die Abgabe von Sauerstoff an das jeweilige Zielgewebe oder -organ im Körper. Dazu wird der Sauerstoff in der Lunge an dem roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) gebunden.
Gesunde Erythrozyten enthalten normales Hämoglobin (HbA). Dieses besteht aus zwei unterschiedlichen Eiweißketten, deren räumliche Anordnung die Struktur und Funktion des Hämoglobins bestimmen. Diese Untereinheiten werden als alpha- und beta-Ketten bezeichnet.
Bei der Sichelzellkrankheit ist die beta-Kette im Hämoglobin verändert. Man spricht in diesem Zusammenhang von Sichelzellhämoglobin (HbS). Dieses bewirkt, dass die Erythrozyten ihre runde Form verlieren und sich zu Sichelzellen verformen.
Krankheitsgeschehen: Warum sind Sichelzellen problematisch?
Die Formveränderung der Erythrozyten hat einen Einfluss auf ihre Funktionsweise. Um jede Körperregion und alle Organe mit Sauerstoff versorgen zu können, müssen die Erythrozyten verformbar und glatt sein. So ist es ihnen möglich, selbst kleinste Blutgefäße zu passieren.
Die Sichelzellen sind unbeweglicher als gesunde Erythrozyten. Sie bleiben in kleinen Blutgefäßen stecken und unterbrechen so die Sauerstoffzufuhr zu dem entsprechenden Gewebe. Die folgende Minderdurchblutung kann Schädigungen verursachen, auf die der Körper mit der Produktion von Substanzen reagiert, die Schmerzen auslösen.
Zudem haben Sichelzellen im Vergleich zu gesunden Erythrozyten eine verkürzte Lebensdauer. Während gesunde Erythrozyten im Schnitt 120 Tage überleben, werden Sichelzellen bereits nach 10 bis 20 Tagen abgebaut. In der Folge überwiegt bei Sichelzellpatienten der Abbau die Produktion neuer Zellen. Es kommt zu einer chronischen Blutarmut (Anämie), die zu einem Sauerstoffmangel führt.
Häufigkeit: Wie viele Menschen leiden an der Sichelzellkrankheit?
Die Sichelzellkrankheit zählt zu den häufigsten Erbkrankheiten weltweit. Erstmals ist sie in Zentralafrika und auf der Arabischen Halbinsel aufgetreten. Es wird vermutet, dass sich die Sichelzellkrankheit in diesen Ländern ausbreiten konnte, da Träger des Sichelzellgens einen selektiven Vorteil gegenüber einer schweren und tödlichen Form der Malaria (Malaria Tropica) haben. Sie sind gegen diese Form der Malaria Krankheit besser geschützt und überleben häufiger, als Personen ohne fehlerhafte Erbanlage. Dieser Schutz betrifft allerdings nur Personen mit einem Trägerstatus und nicht erkrankte Sichelzellpatienten.
Von diesen Gebieten hat sich die Sichelzellkrankheit durch Handelsverbindungen und Migration zunächst in den Mittelmeerraum und nach Nordamerika verbreitet. Inzwischen ist die Krankheit auch in Nordeuropa vertreten. In Deutschland leben derzeit circa 3.000 – 5.000 Betroffene.
Ursachen: Warum entsteht die Sichelzellkrankheit?
Bei der Sichelzellkrankheit handelt es sich um eine Erbkrankheit, die nicht ansteckend ist. Die Betroffenen haben die Erbanlage für den veränderten Blutfarbstoff Hämoglobin S (HbS) von ihren Eltern vererbt bekommen.
Es werden Träger und
Erkrankte unterschieden. Erbt ein Kind von beiden Elternteilen die veränderte
Erbanlage für das HbS, führt dies zur Ausprägung der Sichelzellerkrankung.
Träger der Erbanlage haben nur von einem Elternteil die Anlage für das HbS
geerbt. Sie tragen somit ein gesundes und ein krankes Gen.
Personen mit einem Trägerstatus entwickeln keine Symptome der
Sichelzellerkrankung, da sie gesundes Hämoglobin (HbA) und das
Sichelzellhämoglobin (HbS) bilden. Sie können das Sichelzell-Gen allerdings an
ihre eigenen Kinder übertragen.
Patienten und Trägern der Sichelzellkrankheit wird empfohlen bei einem Kinderwunsch eine genetische Beratung in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen einer solchen Beratung können Risiken und Möglichkeiten für die Geburt eines gesunden Kindes besprochen werden.
Symptome: Welche Beschwerden haben Betroffene?
Die meisten Beschwerden entstehen als Folge der Unbeweglichkeit und Kurzlebigkeit der Sichelzellen. Die Symptome und ihre Ausprägung können sich allerdings von Person zu Person unterscheiden.
Typisch für die Sichelzellkrankheit sind Phasen mit starken Schmerzen, die das Skelettsystem oder Organe betreffen können. Es gibt mehrere Faktoren, die eine sogenannte Schmerzkrise auslösen können. Dazu zählen Wetterumschwünge und plötzliche Veränderungen der Körpertemperatur sowie Flüssigkeitsmangel, körperliche Erschöpfung, Stress und Infekte.
Verklumpungen in den Blutgefäßen können im Verlauf der Erkrankung unter anderem zu Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems (Akutes-Thorax-Syndrom), des zentralen Nervensystems (Schlaganfälle) und der Milz (Milzuntergang) führen.
Die Milz, die Krankheitserreger aus dem Blut filtert, kann durch verstopfte Blutgefäße bereits in den ersten Lebensjahren in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund haben Sichelzellpatienten ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende, bakterielle Infekte.
Bei Kindern mit
Sichelzellkrankheit besteht zudem das Risiko einer Milzsequestration. Dabei
handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, bei dem große Mengen an
Blut in der Milz versacken und dem restlichen Körper nicht mehr zur Verfügung
stehen.
Auf Grund der der großen Blutmenge schwillt die Milz an und kann ertastet
werden. Eltern von Kindern mit Sichelzellkrankheit wird empfohlen das Ertasten
der Milz zu erlernen und regelmäßig anzuwenden.
Eine vollständige und umfangreichere Darstellung möglicher Beschwerden von Sichelzellpatienten finden Sie auf dem Informationsportal kinderblutkrankheiten.de.
Diagnostik: Mit welcher Untersuchung kann die Sichelzellkrankheit festgestellt werden?
In den USA und in einigen europäischen Ländern wird bereits kurz nach der Geburt ein Neugeborenen-Screening auf die Sichelzellkrankheit durchgeführt. Mit dieser Routineuntersuchung kann die Erkrankung frühzeitig erkannt werden.
In Deutschland wird bisher kein routinemäßiges Screening durchgeführt. Die Diagnose kann erst nach dem Auftreten von Symptomen gestellt werden.
Therapie: Wie kann die Sichelzellkrankheit behandelt werden?
Die Sichelzellkrankheit ist eine ernste Erkrankung, die die Betroffenen ein Leben lang begleitet. Die Qualität der medizinischen Versorgung hat dabei einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen. Daher wird eine fachgerechte Betreuung der Patienten durch Experten empfohlen.
Für weitere Informationen zu Therapiemöglichkeiten wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt.
Zusätzliche Informationen zur Sichelzellerkrankung finden Sie auf den Seiten der Interessengemeinschaft Sichelzellkrankheit und Thalassämie (www.ist-ev.org) und auf dem Informationsportal kinderblutkrankheiten.de.